Ein Wandpaneel aus Neusilber ist selten das Gesprächsthema bei einem Glas Riesling auf der Galerieeröffnung. Es sei denn, es stammt von ManuG. Dann entwickelt sich aus der Frage „Was ist das?“ rasch ein Gespräch über Raumgefühl, Lichtbrechung und die poetische Kraft des Metalls. In einer Welt, die gerne auf Sichtbeton, Glaswände und mathematisch korrekte LED-Spots setzt, bringt die Freiburger Künstlerin eine neue Sinnlichkeit in den Innenraum – eine, die knistert, glänzt, flimmert und manchmal auch flüstert.
Kühle Stoffe, heiße Wirkung
In einer ehemaligen Werkhalle nahe Freiburg, dort, wo man früher vielleicht Traktorteile formte, verwandelt ManuG heute schnödes Blech in feinfühlige Raumkunst. Dabei benutzt sie keine klassischen Werkzeuge der Bildhauerei – weder Hammer noch Meißel, keine Lötverbindung, keine Patina aus dem Tiegel. Stattdessen arbeitet sie direkt ins Metall hinein, formt, verzieht, verdichtet – mit einer Technik, die so speziell wie geheimnisvoll ist. Keine Fuge, kein Ansatz, kein Nachbessern. Was entsteht, ist endgültig – und eben nicht reproduzierbar.

Das Ergebnis sind metallene Landschaften, die irgendwo zwischen geologischer Formation, Stoffdraperie und Traumsequenz changieren. Strukturen, die mal organisch, mal bizarr, mal sakral anmuten. Und immer mit einem Hauch von „Das habe ich so noch nie gesehen“.
Architektur trifft Attitüde
Kein Wunder, dass Innenarchitekten, Hoteldesigner und Bauherren mit Hang zum Besonderen längst auf die Künstlerin aufmerksam geworden sind. In Zürich, Hamburg und anderswo finden sich ihre Werke inzwischen in Atrien, Empfangsbereichen und überdimensionierten Wandflächen. Statt Kunst-am-Bau gibt’s hier Kunst-im-Bau – als integralen Bestandteil der Raumarchitektur. Das Giebeldreieck einer Stadtvilla wird zur metallischen Landmarke, der Empfangstresen im Gourmetrestaurant zum haptischen Erlebnis.

Dabei ist ManuGs Ansatz kein Stilzitat, keine Retro-Chiffre oder Hommage an irgendeine Kunstepoche. Es ist eine stille, aber deutliche Kampfansage an das Dekorative, eine Absage an das bloß Schöne. Ihre Werke behaupten sich nicht über Größe oder Opulenz, sondern durch Präsenz – und eine Wirkung, die sich erst mit dem Wandel des Lichts voll entfaltet.
Schönheit durch Irritation
Was diese Arbeiten so faszinierend macht, ist ihre Uneindeutigkeit. Wer sich ihnen nähert, sieht zuerst das Material – Aluminium, Kupfer, Zink. Doch schon im nächsten Moment scheint das Metall zu verschwinden, verdrängt durch Spiegelung, Schatten und Formspiel. Die Oberfläche wird zur Membran zwischen Realität und Imagination. Wer mit der Stirnlampe der Vernunft auf ihre Objekte leuchtet, wird enttäuscht. Wer aber bereit ist, sich auf die kleine Irritation einzulassen, entdeckt große Schönheit.

Was also ist das Geheimnis von ManuG? Vielleicht die Weigerung, sich auf ein Genre festlegen zu lassen. Ihre Arbeiten sind weder Skulptur noch Relief, weder Designstück noch Baukunst. Sie sind – wie sie selbst – ein wenig dazwischen. Und genau deshalb so spannend.