Man könnte es für ein Paradox halten: Ausgerechnet in einer Welt der smarten Oberflächen und algorithmischen Ästhetik erlebt der Lehm ein stilles Comeback. Nicht als Baustoff für Hüttenromantik oder esoterische Erdverbundenheit, sondern als elegantes Material für moderne Räume – archaisch und zugleich hochentwickelt. Mit SensiTerre zelebriert Florim diese neue Erdverbundenheit in einem Design, das nicht nur an Ton erinnert, sondern ihn neu denkt: als Idee, als Atmosphäre, als Berührung.

Von der Vase zum Raum
Der Ursprung liegt in der Vase – genauer gesagt in der Venere Bianca, jener ikonischen Terrakotta-Figur, die Matteo Thun und Benedetto Fasciana vor einem Jahrzehnt gemeinsam mit Bitossi erschufen. Weiß, feminin, fast meditativ in ihrer Präsenz, wurde sie zum Sinnbild einer gestalterischen Philosophie, die dem Ursprünglichen einen neuen Glanz verleiht. Nun übertragen die beiden Designer dieses Prinzip auf eine größere Bühne – von der Skulptur zur Architektur, vom Einzelstück zur Serie.

Florim als Bühne der Transformation
Mit SensiTerre gelingt ein Spagat zwischen traditioneller Handwerkskunst und der maschinellen Präzision von Industrie 4.0. In dieser Kollektion trifft das Wissen der toskanischen Töpfermeister auf digitale Fertigung, ohne seinen Charakter zu verlieren. Gravuren, Gazeaufdrucke, Kammzüge – man meint, die Spuren der Hand noch zu fühlen, auch wenn das Material längst industriell perfektioniert wurde. Die Fliesen wirken nicht produziert, sondern geformt – nicht gemacht, sondern geboren.

Taktile Farbgedichte
Sechs Farben, vier Oberflächen, modulare Formate: Was in nüchternen Zahlen daherkommt, entpuppt sich als eine Art keramisches Vokabular. Die Farbpalette – weich, natürlich, fast pigmentartig – scheint aus dem Boden selbst entnommen. Nicht gefärbt, sondern entdeckt. Die Oberfläche? Eine Einladung zum Streicheln. In jeder Variante wohnt dieser Hauch von Vergangenheit, der in der Gegenwart nichts an Relevanz verloren hat – ganz im Gegenteil.

Architektur mit Seele
Was SensiTerre von anderen Kollektionen unterscheidet, ist ihr leiser Luxus. Kein Hochglanz, kein Prunk – sondern eine stille, beinahe kontemplative Qualität. Diese Fliesen wollen nicht auffallen, sondern berühren. Ihre geringe Stärke macht sie zu einem praktischen Werkzeug für Planer und Architekten, doch ihre wahre Qualität liegt in der Atmosphäre, die sie schaffen: warm, menschlich, erdig. Man spürt: Hier wurde mit Respekt gearbeitet – vor dem Material, vor der Tradition, vor dem Raum.