Im Dunstkreis der Digitalen Seidenstraße

Der Vision V von Mercedes-Benz feiert in Shanghai Premiere und zielt mit seinem überbordenden Luxus, digitaler Immersion und extrovertiertem Design klar auf den asiatischen Markt. Für Europa dürfte das spektakuläre Showcar weniger alltagstauglich als visionär bleiben – ein mobiles Statement in Chrom, Licht und Lounge.
Bildquelle: Mercedes-Benz Group Bildquelle: Mercedes-Benz Group
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Ein Showcar mit LED-Diadem: Der Vision V von Mercedes-Benz wird in Shanghai präsentiert – und scheint dabei weniger für das gediegene Stuttgart als für die spektakelhungrige Skyline am Huangpu-Fluss gemacht zu sein.

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Die offizielle Sprachregelung ist klar: Der Vision V markiere den „Beginn einer neuen Ära“ bei Mercedes-Benz Vans. So steht es in der Pressemitteilung, fein säuberlich abgestimmt zwischen Stuttgart und Shanghai. Doch hinter der Vokabel-Euphorie blitzt durch die verchromten Lamellen und zwischen 42 Lautsprechern ein Subtext auf, den man in der Daimlerstraße nicht laut aussprechen würde: Dieses Auto ist ein Gruß an den Osten, kein Flirt mit Europa.

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Wo der Luxus im Quadrat wohnt

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Der Ort der Enthüllung – Shanghai – ist kein Zufall. Es ist der Ort, an dem man Konzepte wie „immersive Lounge“, „digitale Erlebniswelten“ und „Private Cocooning“ nicht erklären muss, sondern erwartet. Dort, wo die Menschen Selfies mit Innenraumparfüm machen, ist der Vision V zu Hause. Mit seinem ausfahrbaren 65-Zoll-Bildschirm, der mehr kann als so mancher Heimkino-Beamer, und den rundum blickdicht schaltbaren Scheiben ist dieser Van weniger Fahrzeug als fahrbare Designstudie für die Generation Ultra-Luxe.

Bildquelle: Mercedes-Benz Group
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Für den europäischen Markt, in dem Elektrovans immer noch eher als Kombis mit Stecker und Hundegitter gedacht werden, wirkt das Ganze fast ein bisschen overdressed. Die schimmernde weiße Seide auf den Sitzen, die Wurzelholz-Vitrinen für Sonnenbrillen und der Gamecontroller in der Armlehne flüstern: Dies hier ist nicht für den Schulweg zwischen Eimsbüttel und Volksdorf gedacht. Und der ausfahrbare Schachbrett-Tisch ist eher etwas für einen Oligarchen auf dem Weg zum Polo-Turnier als für das Meeting beim Mittelständler in Bielefeld.

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Kaiserlicher Komfort trifft digitale Ekstase

Natürlich, Mercedes spricht von einer neuen Plattform – der VAN.EA – und davon, dass man künftig vom Familien-Van bis zur VIP-Limousine alles abdecken wolle.

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Doch das Showcar ist kein diplomatisch austariertes Mittelmaß, sondern ein Statement: Das Auto ist ein digitalisiertes Lustschloss auf Rädern, das sich den Begriff „Van“ wie einen zu kleinen Anzug übergestreift hat. Und wer in einer Welt lebt, in der mobile Karaoke-Bars und Augmented-Reality-Shopping zum Alltag gehören, wird sich hier bestens aufgehoben fühlen.

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Zwischen Raumschiff und Repräsentanz

Der Vision V scheint für einen Markt geschaffen, in dem Größe, Glanz und Gadget-Dichte über alles gehen. Wo das Auto nicht bloß Fortbewegungsmittel, sondern Repräsentationsmittel, Party-Location und Rückzugsort in einem ist. China – und vielleicht auch die Golfstaaten – denken in diesen Kategorien. Europa hingegen diskutiert derweil noch über Tempolimits und Wallboxen in Mietwohnungen.

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Natürlich lässt sich so ein Fahrzeug auch anders lesen: Als Konzept, als Gedankenspiel, als Design-Statement. Doch die Präsentation in Shanghai verrät, wo man sich bei Mercedes-Benz den größten Applaus erhofft. Nicht in Düsseldorf, sondern in Dongguan.

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